Europa – Meditation # 224
Europa gegen den Strom geschwommen. (Teil 3)
Nun, liebe Europa, was hat es mit deinen sanften Hügeln und Tälern nun auf sich?
Es freut mich, dass ich eure Neugierde wecken kann. Ich habe aber noch einen vierten Brocken vergessen.
Willst du nun dem Thema ausweichen oder was soll das mit einem „vierten Brocken“ bedeuten?
Nun, ihr Europäer, ihr hattet zwar vor ein paar Jahrhunderten genug mit den drei Götter-Angeboten, aber anstatt abzulassen vom Erfinden eines neuen Glaubens, machtet ihr den Nicht-Glauben zum neuen Götzen und euch selbst zu Hütern als neue Priesterkaste: die Vergottung des Ichs wurde das neue Credo, dem sich alles und jeder unterordnen soll. Dem errichtetet ihr einen Turm aus Wörtersteinen, atemberaubend hoch bis in die Wolken und als Totem, dem jedes Kind seitdem Gefolgschaft leisten muss – in langen Jahren des Lernens und Nachsprechens. Und um dieses neue Gebilde weiter blind verehren zu können, wurde euch auch noch eine Bildergeschichte von einstürzenden Türmen angeboten, die ihr voller Inbrunst annahmt. Gewalt – wie im Alten Testament – musste dem eigenen Glauben nachhelfen, sich weiter durchsetzen zu können.
Europa, komm, du übertreibst jetzt aber gewaltig.
Tue ich das? Wirklich? Habt ihr nicht das beste Beispiel solcher Ich-Sucht gerade vor Augen? Einer, der an nichts glaubt, als an das, was er jeden Morgen verkündet, das wirklich wahr zu sein hat: Ich und meine Botschaft, ich und mein Erfolg, ich und meine Jünger. Jetzt wird Amerika endlich wieder ganz groß heraus kommen aus der Krise.
Und was ist mit den Evangelikalen, seinen blindwütigen Verehrern?
Tja, meine lieben Europäer, ihr seht, die Geister, die ihr einst rieft, bekommt ihr nun nicht mehr los. Ihr Gott ist der, der gesagt haben soll: Auge um Auge, Zahn um Zahn. Wer nicht für mich ist, wird ewigem Verderben anheim fallen. So oder so ähnlich, auf jeden Fall aber sollen diese Sprüche ordentlich Angst machen.
Das ist ja tiefstes Mittelalter.
Ihr sagt es. So ist es. Und für die, die daran glauben, ist es wahr.
Gruselig. Europa, wolltest du nicht von sanften Tälern und Hügeln erzählen?
Ihr nennt mich die Weitsichtige. Ich könnte mich geschmeichelt fühlen, aber das, was ich sehe, ist ein weiter Weg zu solchen Tälern und Hügeln. Denn die Rückkehr zu besseren Zeiten bedeutet Abkehr von allem, was zur Zeit und seit Jahrhunderten für richtig gehalten wurde: Denn ihr seid nicht Schöpfer dieser Natur, sondern nur ein kleiner Teil derselben, weiter nichts. Mit euren Sinnen könnt ihr sie erleben – dazu braucht es aber Zeit und Geduld und Gemeinschaft.
Haben wir das denn nicht alles längst?