13 Feb

Europa – Meditation # 175

Wenn gewachsene Unterschiede eingeebnet werden…

Nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges – Amerika und Russland waren damals Bündnispartner – erkaltete diese pragmatische „Freundschaft“ über Nacht und ein „eiserner Vorhang“ trennte sie von da ab nachhaltig.

Die besiegten „Arier“ in Europa gingen demütig in die Knie, pressten für lange die Lippen aufeinander und übten einen jahrzehntelangen Kotau vor dem Sieger im Westen und dem im Osten.

Eine duftender Blumenstrauß verführerischer Begriffe wurde überreicht und dankend angenommen: Parlamentarische Demokratie, wehrhafte Demokratie, soziale Marktwirtschaft, Vielfalt, Konsum. Sozialistische Demokratie, Solidarität, Gleichheit, unerbittliche Bestrafung der Täter samt Anhang. Für viele Jahre blieben die Sieger voller Sorge im Lande, auf dass auch keiner beim Umerziehen übersehen würde. In vorauseilendem Gehorsam übernahm man Sprache, Mode, Musik und Gewohnheiten aus der Neuen Welt oder vom sozialistischen Befreier, um selbst eine scheinbar neue zu schaffen.

Jetzt – siebzig Jahre später – stehen die Europäer, und hier vor allem die Deutschen, die Streber, die immer alles gründlich richtig machen wollen, vor einem Scherbenhaufen:

Lesen und Schreiben auf deutsch übernehmen die Algorithmen gerne für den Nachwuchs dieser aussterbenden Generation. Die gelangweilten Kinder fliehen derweil lieber in die elektronischen Wolken. Da lässt sich gut ablenken, dösen und dämmern. Die eigene Geschichte, Literatur, Musik haben längst ihren Nimbus als schätzenswert eingebüßt. Mit Hilfe eines unablässig steigenden Tempos eilen die Kleinen von Bildchen zu Bildchen, kleine englische Sätzchen und Sprüche sind längst im Langzeitgedächtnis angekommen und zu einem sättigenden Brei gequollen, der so etwas wie Befriedigung erzeugen soll – aber doch nur den Ruf nach „mehr“ und „neu“ verstärkt. Die Unterschiede zwischen wichtig und unwichtig, zwischen wahr und unwahr werden Tag und Nacht digital – husch, husch, wisch, wisch – eingeebnet. Ist doch egal. Hauptsache man kann sich einfach treiben lassen. Die Kosten – Energiekosten zum Beispiel – zahlt ja scheinbar sowieso irgendjemand anderes. Oder?

Das leider weiter störende ungute Gefühl im Innern lässt sich aber einfach nicht wegwischen. Was tun?

Das ehemals duftende Ideologie-Bouquet aus Übersee zeigt nun seine stinkende Aura unverblümt: Liberal ist nichts anderes als den anderen übers Ohr zu hauen und ungestraft davonzukommen, Freiheit nichts anderes als mit den anderen Lemmingen durch die Unterhaltungskanäle zu driften, unausgeschlafen, unzufrieden, hämisch. Zunehmend prekär. Aber einen Kredit kann man inzwischen ja auch ohne Bonität leicht erhalten. Die Verschuldung ist längst so etwas wie ein Glücksspiel, bei dem man nur lang genug wetten muss; eine zweite babylonische Gefangenschaft sondergleichen, die als solche gar nicht mehr wahrgenommen wird.

Die Ideale der europäischen Neuzeit – so wie sie Kant formulierte – haben nichts von ihrer Richtigkeit eingebüßt. Reset – Neustart.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert