31 Mrz

Europa – Meditation # 258

Sie wollen alle, dass das Land „God‘s own country“ sei – auch Armanda Gorman, natürlich.

Was für ein Ton, was für eine Botschaft!

Das Hymnische, Euphorisierende, Psalmetische, Prophetische aus dem Mund einer jungen nationalen „Priesterin“, die sich selbst berauscht an ihren eigenen Bildern und Gesten…

Schon vergessen?

Hatten die versklavten Menschen, die auf den Märkten in der Karibik versteigert wurden, nicht ihre eigenen Götter – schon so lange in Afrika?

Schon vergessen?

Hatten die naturverbundenen Menschen, die in den weiten des fremden Kontinents schon so lange wohnten, nicht auch ihre eigenen Götter?

Schon vergessen?

Und hatten die Europäer nicht – wie ein Durchlauferhitzer auswanderungswillig – mit ihrem Gott, dem sie ein neues Jerusalem auf schönem Hügel errichten wollten, unerbittliche Bekehrung auf ihre Fahnen geschrieben?

Schon vergessen?

Die Totschlagargumente des alten Testaments lieferten auch den Freibrief für den massenhaften Totschlag an den fremden Menschen, deren unbiblische Kulte vom Erdboden, den sie gewaltsam an sich rissen, verschwinden mussten. Gottes Wille? Und darauf dann eine „neue“ Gesellschaft zu errichten, die neben Christen selbstverständlich auch Sklaven hatte, die noch schlechter als ihre eigenen Haustiere behandelt wurden.

Gerne vergessen!

Man muss nur ordentlich predigen und Hymnen singen, dann werden die Klagelaute der Überrannten melodisch vollmundig übertönt, niedergeschrien. Wie vom Winde verweht.

Gibt es denn eine bigottere Gesellschaft als diese Nachfahren der sogenannten Pilgerväter aus Europa, die sich für rechtgläubig und demütig halten, in Wirklichkeit aber nichts anderes sind, als sich bereichernde Gierhälse an Grund und Boden?

Gerne vergessen!

Und sind wir Europäer nicht nach wie vor begeisterte Bewunderer dieser Eroberungsgeschichte, die so schön als Frontierbewegung euphemistisch umschrieben ist, sich mit Hilfe des Mottos: Wir sind die Auserwählten, gnadenlos zu bereichern?

Offenkundiges Schicksal – manifest destiny – ist der Refrain für fromme und erfolgreiche Weltaneignung – auch noch im Hymnus der jungen Armanda Gorman. Ist sie nicht liebenswert?

So frisch, so unverdorben, so glaubwürdig!

Und wir Europäer waschen unsere Hände in Unschuld und sind sogar bereit, geraubte Kulturgüter an die afrikanischen Eigentümer zurückzugeben. Wie rührend!

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