27 Nov

Europa – Meditation # 427

Verbale Fundamentalisten am Werk.

Der moralische Rigorismus geht um in Europa. Bekenntnisse sind abzulegen, Hände in geistiger Unschuld zu waschen. Die Guten sollen sich als solche zu erkennen geben: Nie wieder Antisemitismus in Deutschland! Nie wieder…! Was für ein Sandkastenslogan. Genauso wie die Büßer-Show in Sachen Kolonialismus. Als hätten kluge Leute über Nacht erkannt, dass Ausbeutung und Unterdrückung in der Vergangenheit auch von Europäern verschuldet wurden.

Und wieder fesseln sich die Saubermänner mit Hilfe ihrer eigenen Schuldeingeständnissen: denn es gibt keine Existenz jenseits der Binsenweisheit – jedes Handeln hat Folgen, so oder so.

Was ist denn zum Beispiel mit den Folgen der Grundmuster des westlichen Wirtschaftssystems seit 1945? Bodenschätze, die Millionen von Jahren brauchten, um zu dem zu werden, was sie wurden, haben wir in kürzester Zeit verbrannt, verbraucht. Und wir tun es auch weiter, obwohl das Ende längst absehbar ist. Und auch die Folgen für die Umwelt haben wir längst begriffen und befeuern sie weiter und weiter. Wie verlogen ist das denn?

Aber mit dem moralischen Zeigefinger auf die anderen zeigen, das ist eine unserer leichtesten Übungen. Kostet uns nichts, tut der wunden Seele aber so gut.

Gerne entlarven wir auch den rigorosen Königsberger in seinen logischen Denkgebäuden und weisen ihm unerbittlich nach, dass er antisemitische, rassistische und sicher auch patriarchalische Kurzschlüsse mit im geistigen Gepäck hatte. Ist das denn eine hinreichende Bedienung des eigenen Verstandes, Herr Kant? Hätten wir doch nur den Mut, weise zu sein und einen kritischen Blick auf das eigene Vorverständnis unseres täglichen „richtigen Handelns“ zu werfen!

Wer weiß denn im schlauen Europa eigentlich noch von der langen, unseligen Verfolgungsgeschichte des Volks der Hebräer? Unter Titus, unter Konstantin, unter Justinian, unter den Kreuzrittern, unter dem Mob des erzbischöflichen Kölns im Hohen Mittelalter und unter der Schirmherrschaft des Adolf Stoecker und seines gelehrigen Schülers Wilhelm, der später in seinem Exil 1927 u.a schrieb.: „Ich glaube, das Beste wäre Gas.“

Inzwischen haben sich die Europäer – samt ihren Kopisten weltweit – zu unerbittlichen Weißwäschern des eigenen Zerstörungskonzeptes gemausert, das sie nach wie vor als „alternativlos“ propagieren.

Die Kolonisierung des eigenen Denkens mit der unnachsichtigen Hilfe dieses Wäscheprogamms ist längst zur zweiten Natur geworden: Wer dem widerspricht wird als Outcast diffamiert und lauthals beschimpft. Der verbale Fundamentalismus, mit dem dieser Glaube inbrünstig verteidigt wird, walzt alles nieder, was auch nur ansatzweise versucht, es als Selbstbetrug, hirnrissige Ausbeutung der Natur und atemberaubenden Irrweg zu brandmarken. Der Club der Blinden schimpft sich selbst als Seher eines zukünftigen Paradieses auf Erden. Wir müssen nur ordentlich dran glauben.

So schreit man wider die Populisten, Antisemiten, Rassisten, Querdenker und Fundis energisch: „Haltet den Dieb!“, während man selbst gierig weiter sein Schäfchen ins Trockene führt, bzw. in Steuerparadiesen gewinnbringend parkt. Und um die eigenen Ländereien am besten hohe Mauern baut samt Kamerawald, errichtet – am besten aus Mitteln des Steuerzahlers, klar.

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