27 Dez

Europa – Meditation # 431

Hochwasser, Kriege, Flüchtlinge, Besserwisser en masse.

Wer kennt die vierzehn jungen Menschen, die in der Prager Universität, der altehrwürdigen, einfach so willkürlich erschossen wurden? Wer die in der Ukraine, die in Palästina, die in Nigeria?

Wir Europäer, die bisher doch immer so voller Stolz auf ihre Geschichte und ihre Geschichten waren, können kaum mehr die pausenlosen Info-Duschen bewusst aufnehmen. Vielleicht noch als Rauschen, als überwältigender Wasserfall, aber nicht mehr als unsere eigenen Gedanken über das, was war, was ist und was wohl sein könnte.

Bis gestern lebten wir noch in einer Medien-Demokratie: Tag für Tag lieferten die Medien neue kritische Kommentare zu den Entscheidungen unserer politischen Entscheider. „Natürlich“ wusste man es besser, hielt die sogenannten Kompromisse für faul und die eigenen massiven Einwände für cool. Für 82 Millionen Menschen konsensfähige Entscheidungen zu treffen, ist ja wohl mindestens die Quadratur des Kreises, mindestens. Die Zaungäste allerdings gebärden sich so, als hielten sie den Joker im Ärmel. Souverän. Scheinbar.

Heute – aber ganz sicher morgen – wird die Medien-Demokratie links und rechts überholt von den Pixel-Zwergen, Schuhgröße o und Brustumfang 1…das kann sich ja wohl jeder merken – oder?

Dass wir allerdings beim Nach-Denken nicht nur ein und ausatmen müssen, sondern auch im Gehirnkasten die Eingänge sortieren und bewerten sollten, bevor wir sie mit selbstbewusstem Kommentar wieder in die Welt entlassen können, das verschweigen wir lieber sibyllinisch, damit wir weiter gut dastehen. Klar.

Doch der Konkurrent – nicht nur was die Geldbörse betrifft, sondern auch die scheinbar zutreffende Antwort auf das Pixel-Angebot – nutzt unser Zögern (schon schleicht sich das unangenehme Gefühl von Schwäche ein und sorgt für ordentlichen Pseudo-Alarm) und gebärdet sich stolz als Gewinner im Gesellschaftsspiel.

Flüchtlinge, die gab es doch schon immer, Hochwasser, passt irgendwie zur Jahreszeit, Kriege lassen die Gewinne – volkswirtschaftlich gesehen – geradezu durch die Decke gehen.

Europa – geographisch zwar ein Winzling – windet sich wie immer elegant durch die Welt-Probleme und hofft wie immer auf der Gewinnerseite zu landen, schließlich sprechen die Erfolge der Vergangenheit eindeutig dafür, dass Europa auch weiter Gigantisches hervorbringen wird. Es sind also nicht nur die Pixeltsunamis, die den Europäern den Blick auf die eigene Natur und auf die um sie herum verstellen, sondern auch die eigenen Hirngespinste, die trotzig, eitel und bieder für wirklich genommen werden.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert