Europa – Meditation # 432
„Herrschaft des Volkes“?
Der Liebllings- und Strahlebegriff der westlichen Welt ist seit eh und je die
„D E M O K R A T I E“.
Geradezu eine Zauberformel, die jeden denkbaren Konkurrenten bei weitem hinter sich lässt. Und da dieser Zauberbegriff schon so viele Jahrhunderte vor sich hin strahlt, ist er im Gedächtnis der Nutzer absolut sakrosankt – jenseits jeden Zweifels. Und so machten ihn die Europäer bei ihrer globalen Landnahme zum Exportschlager – nach dem Christentum der zweite Hammer, der die Welt erlösen sollte.
Schon diese kleine Vorrede legt nahe, dass da wohl etwas nicht stimmen könnte – mit dem Strahlen und Beglücken.
So ist es auch.
Übersetzt wird das aus dem Griechischen stammende zusammengesetzte Hauptwort mit:
„H E R R S C H A F T D ES V O L K E S“
Als wenn das gesamte „Volk“ die Herrschaft ausübte! Dabei ist unterwegs längst vergessen worden, dass mit „D e m o s“ im Griechischen lediglich die kleinste Verwaltungseinheit innerhalb der Polis – der ganzen Stadtgemeinschaft – gemeint ist. Also eher ein Begriff, der auf eine kleine Region innerhalb des Ganzen bezogen ist. Demnach wäre also ein Staat mit mehreren Millionen Menschen damit gar nicht angemessen charakterisiert.
Aber selbst wenn man den Begriff nur auf die kleinste Verwaltungseinheit bezieht, meint Herrschaft des Volkes aber auch dann, dass dort eine Gruppe eine andere beherrscht – denn zu jeder Herrschaft gehören immer zwei: der Herrschende und der Beherrschte. So auch schon in der antiken Polis: Da waren es die wohlhabenden Männer mit reichlich Grundbesitz über 25 – die Beherrschten waren der Rest: Die Frauen, die Metöken und die Sklaven. Also eine ziemlich steile Pyramide, wo oben die Herrschenden saßen und auf den Rest, die Beherrschten herabschauten.
Dennoch gelang es der Tradition dieses Strahle-Begriffs „DEMOKRATIE“ bis heute, sich als ein erstrebenswertes Modell zu verkaufen – schließlich haben die da oben auch immer das meiste Geld, den größten Grundbesitz und mit dem Erbrecht in männlicher Folge auch die kontinuierliche Weitergabe des eigenen Besitzes, der sich so stetig vermehrt. Und bis heute wird auch in Werbekosten für diesen Begriff gerne ordentlich rein gebuttert, um nur ja nicht durchzublicken! (Da lassen sich die Reichen/Herrschenden wahrlich nicht lumpen!)
Es scheint, dass das Strahlen des Begriffs die Betrachter blind macht: denn er ist nicht weiter als das Geschäftsmodell des Patriarchats seit zehntausend Jahren. (Die Werbekosten haben sich also gelohnt!!!)
Wenn wir auch heute noch an diesem Begriff festhalten, tun wir nichts anderes als einen erbärmlichen Kotau vor einem verstaubten Herrschaftsmodell hinzulegen, der die überwältigende Mehrheit der Polis in kleinen Verhältnissen domestiziert, gekoppelt mit einer Sexualmoral, die auch auf dieser Ebene sicherstellen soll, dass die Herrschenden Männer die Frauen bis in ihre innere Natur hinein bevormunden dürfen.
Es wäre also wirklich an der Zeit – und die Zeichen sind erstmals günstig – dieses traditionelle „Herrschaft des Volkes“-Modell ad acta zu legen, und es durch ein ehrliches Modell der Teilhabe aller – auf regionalen Ebenen – zu ersetzen, und damit auch den Frauen endlich das zu geben, was ihnen sowie so zusteht: vollkommene Gleichberechtigung. Nicht in irgendwelchen Präambeln oder Festreden, sondern im wirklichen Leben, wo sie bis heute die entscheidende CARE-Arbeit kostenlos und zu ihrem eigenen beruflichen Nachteil abliefern. Die seelischen „Kosten“ dabei sind wahrlich furchterregend und jedem Gleichheitsgedanken ein Schlag ins Gesicht.