24 Mrz

Europa – Meditation # 444

Die Natur – das Auto-Diktat – die Kriege – die Patrix

Der unverwüstliche Zeitgeist hat das Wort:

Was schon Aristoteles meinte – der Mensch sei ein soziales Wesen – gilt auch heute noch: Im Mutterleib kommunizieren wir bereits mit der nächsten, der Mutter. Hören ihr zu, lieben den Klang ihrer Stimme, lassen uns wiegen, genießen das Lachen, die schwebende Ruhe und die warme Dunkelheit. Wenn das doch immer so bliebe. Herausgerissen schreie ich mir zuerst einmal die Seele aus dem Leib: „Nein!“ Aber es hilft nicht. Kalt, zu hell, und viel zu viel allein. Das ist kein guter Start. Und je länger es dauert, umso schlimmer wird es: Farben, Figuren, Stimmen – die Mutter verschwindet im Hintergrund, im Vordergrund ein Zauberkasten, der all meine Aufmerksamkeit bekommt und verbraucht. Immer für mich da, immer. Bald schon kann ich nicht mehr ohne ihn sein! Will ich auch gar nicht, denn die Leute um mich herum, haben eh keine Zeit für mich.

Der Roller ist der nächste Freund in meinem Leben, dann das Auto. Ich lebe auf den Führerschein hin, dann bin ich endlich frei. Kann hin, wohin ich will. Kann imponieren, erobern, überholen, der Schnellste will ich sein. Natürlich unterstütze ich nur die Partei, die dafür sorgt, dass breitere Schnellstraßen gebaut werden, ohne jede Tempobeschränkung, klar. Gegen Staus helfen eben nur breitere Straßen, möglichst kurvenfrei, damit ich möglichst schnell von A nach B komme. Während des Staus schaue ich mir Autorennen auf meinem Bildschirm an. Ich bin so frei wie noch nie. In meinem Auto unterliegt alles meiner Kontrolle und meinem Willen. Ich bin unabhängig.

Und in Kriegen feierte die Phantasie von Ingenieuren schon immer ungeahnte Feste: immer neue, bessere Techniken wurden erfunden, stärkere Motoren, schnellere Fortbewegungsmittel zu Lande, zu Wasser und in der Luft. Das war schon immer so.

Deshalb werden auch die Auseinandersetzungen in der Ukraine und in Palästina wieder zu Fortschritten für die Nachkriegszivilgesellschaft führen. Da bin ich mir ganz sicher. Unsere Kinder und Enkelkinder werden davon profitieren, genau wir unsere Großeltern und Eltern davon profitierten.

So wie jetzt auch unsere Alten bald in selbst fahrenden, bequemen Elektrokutschen losziehen können, mobil so lange sie wollen und können. So werden sie aus ihren einsamen Zimmerchen in muffigen Altersheimen heraus gelockt werden, können mit Gleichgesinnten losziehen und die Welt noch einmal bereisen. Weltweit wird der Tourismus noch einmal so richtig einen Schub erhalten. Auch die Infrastruktur zwischen Ländern und Erdteilen kann so weiter ausgebaut werden. Brücken von nie dagewesener Länge und Breite, Tunnel desgleichen. Dazu wird es neue Schulen geben, in denen speziell die Alten unterrichtet werden im Gebrauch digitaler Instrumenten und Fahrzeuge. All das wird natürlich auch zu einem neuen Wirtschaftswunder führen, denn all die Instrumente und Maschinen, die nötig werden zum Bau und Betreiben solcher immensen Veränderungen, werden von KI-gesteuerten Systemen am Laufen gehalten und mehr und mehr benötigt, so dass Zuwachsraten in noch nie dagewesenem Ausmaß angesagt sein werden.

Einsamkeit wird ein Gefühl sein, das sich selbst erübrigt, weil alle endlich genügend Zeit haben mit anderen zu kommunizieren, zu verreisen, Welten zu erleben und von ihnen zu erzählen.

Was früher einmal mit dem Cruising in der Neuen Welt als Lebensstil junger Männer begann, wird nun in unvorstellbarer Vervielfältigung weltweit als normaler Alltag inszeniert werden können. Die Alten sitzen bequem in ihren großen Fahrzeugen, spielen gegeneinander Schach, frühstücken gemeinsam und skizzieren die an ihnen vorbei gleitende Welt, die nebenbei auch noch von Kameras aufgenommen wird, damit später in einem zweiten Zugriff die angefertigten Skizzen noch überarbeitet werden – als Gemeinschafts-Kunstwerk – und dann über die social media mit der community ausgetauscht und gefeiert werden können.

Was für wunderbare Aussichten! Den Pessimisten schwimmen längst die Felle weg!

Wer diesen Text für eine bitterböse, ironische Fingerübung hält, liegt wahrscheinlich gar nicht so daneben.

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