18 Mrz

Meditation # 256

Todo es posible – nada es seguro.

Nach dem jähen Absturz der Kurse vor genau einem Jahr hielt es wohl kaum einer für möglich, dass der DAX inzwischen wieder voll auf der Überholspur angekommen ist. Wie kann das sein? Wenn man zuließe, dass die Börse nicht mit Geld handelt, sondern mit Seelenleben-Stimmungen, dann beantwortet sich die Frage wie von selbst. Ein Wankelmut-Abo.

Wenn man sich an die Bilder von Bergamo von vor einem Jahr erinnert und an den Schock, der darauf folgte – europaweit, weltweit – wäre wohl niemand auf die Idee gekommen, dass mitten im Locken mit dem Lockdown derzeit so viele unbedingt sofort auf die Insel wollen. Wie kann das sein?

Rationalismus und Empirie – Analyse und Testreihen – zeigen mal wieder ihr Janus-Gesicht: Attraktiv, aber doppeldeutig, uneins, widersprüchlich und sehr fehleranfällig machen sie dieser Tage den Europäern nichts mehr vor: Allein mir fehlt der Glaube. Woran? An Zahlen, Statistiken, Prognosen. Die Faszination von Grafiken, auf denen Linien möglichst in die Höhe weisen sollen, scheint dahin. Alles ist plötzlich möglich. War es aber auch schon immer. Wollten die Europäer nur vergessen.

Die Botschaft der Rassisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts trieb Millionen von Menschen weltweit in den Tod für und gegen diese Botschaft. Keiner hielt es für möglich, dass nach 1945 so schnell und scheinbar so nachhaltig das alles wohl nur ein Albtraum gewesen sein musste – was es nun wirklich nicht war – nein, man war sogar bereit über Nacht an Wohlstand, Frieden und globale Zusammenarbeit zu glauben – alles ist möglich, wir müssen nur daran glauben, es wirklich wollen. Als habe es je eine Stunde Null gegeben. Und mit riesigen Schritten machte sich die Spezies an die Zerstörung des eigenen Systems, das sie hervorgebracht hatte und bewirtete – schon so lange. Nichts ist sicher.

Auch dieser einfache Satz steht gegen die Glaubenssätze von Rationalismus und Empirie, die wir Europäer seit gut dreihundert Jahren für unhintergehbar hielten und erzeugt wieder jene Angst, gegen die die Spezies glaubte, erfolgreiche Barrieren aufgebaut zu haben: Der Fortschritts – und Wachstumsgedanke schienen die Lösung zu sein. Aber angesichts der Pandemie zerbröselt dieses Denkmuster zu dem, was es schon immer war: ein Wechsel auf eine Zukunft, der wir selbst keine Zukunft mehr zubilligen. Dass der Mensch ein Gesellschaftswesen sei – so schon Aristoteles – haben wir Europäer dank des verführerischen Angebots des großen Bruders von jenseits des großen Teichs gerne in die Asservatenkammer verbannt und statt dessen das ICH groß aufs Panier geschrieben – auf Teufel komm raus. Nun kommt er aber unangemeldet und mit Macht. Was tun?

Nichts ist sicher.

Da ist guter Rat sehr, sehr teuer. Vielleicht auch ein Grund, warum einige Volksvertreter sich auf diesem Felde bereichern wollen. Zum Wohle des kranken Ganzen. Nichts ist sicher, das ist sicher.

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