Prinzess – Abenteuer # 23 Hörprobe – Neue Geschichten für die Enkelkinder
Schilwa, die Möwe, weiß die Lösung – na so was!
Schilwa, die Möwe, weiß die Lösung – na so was!
Wohlstand – was ist das eigentlich?
Vor dem Hintergrund der Bilder aus der Ukraine, wo täglich unschuldige Menschen – große genauso wie kleine, alte genauso wie junge – zu Tode kommen, geistert in den westlichen Medien der Spuk vom denkbaren „Ende des Wohlstands“ über die Bildschirme. Zu der Angst vor einer kriegerischen Bedrohung obendrauf nun immer wieder die Angst vor einem Verlust des so hart erarbeiteten Wohlstands.
Zwei Fragen tun not angesichts dieser Angst-Mache:
1. Gibt es wirklich diese kriegerische Bedrohung Westeuropas?
De facto sicher nicht. Wenn die russischen Kräfte schon vor dem kleinen David Ukraine auf der Stelle treten, wie würde das dann erst aussehen vor den vereinten Nationen Westeuropas? Aber man kann sich natürlich in eine Angstvision tiefer und tiefer hinein phantasieren, fast wie in einem traumatischen s e l f-f u l l f i l l i n g-p r o c e s s, (befeuert von hysterischen Medienvertretern, die in Dauerschleife von dieser Bedrohung reden und reden) in dem man Angst besessen dann genau die Dinge tut, die zum Eintreten des Befürchteten führen könnten. Es gibt diese Bedrohung also wirklich nicht.
2. Von was reden wir eigentlich, wenn wir von „unserem Wohlstand“ sprechen?
Die Palette von Dingen, die wir da meinen, reicht sicher vom eigenen Haus, dem eigenen Auto, dem üppig gefüllten Kühlschrank, einer exzellenten medizinischen Versorgung bis hin zu einem geschützten familiären Raum, in dem unsere Kinder wohlbehalten aufwachsen können – von Fernreisen und einer abwechslungsreichen Unterhaltungsindustrie und spannenden Sport-Events ganz zu schweigen. Die damit verbundenen persönlichen und ökonomischen Zwänge werden dabei einfach als gegeben akzeptiert. Und deshalb darf unser derzeitiger Wirtschaftsminister auch nicht einem Embargo von russischem Gas zustimmen, denn dann würden ja all diese Dinge, die unseren Wohlstand ausmachen, infrage gestellt oder sogar fehlen. Und davor scheint die Angst groß. Das sagen jedenfalls die sogenannten Meinungsumfragen, auf die sich unsere Politiker berufen. Wir kommen also aus dem Dilemma – Hilfe für die Ukraine und gleichzeitig weiter Gaslieferungen aus Russland, das gleichzeitig der Ukraine einen mörderischen Krieg aufzwingt, verbunden mit den täglichen Summen, die wir vertraglich an Russland zu zahlen haben, damit wir nicht auf unseren Wohlstand verzichten müssen.
Soweit zwei Antworten auf diese beiden drängenden Fragen. Aber es gibt jenseits dieser Denkmuster noch eine dritte Frage, die wir uns ehrlich stellen sollten:
Ist dieser Wohlstand überhaupt etwas, das wir wirklich wollen oder ist es uns einfach nur im Laufe der Zeit antrainiert worden?
Wenn wir weiter gesund leben wollen, der existentiellen Einsamkeit ein Schnippchen schlagen wollen, den Planeten weiterhin bewohnbar halten wollen und die Ungerechtigkeiten in der Verteilung der Güter dieser Welt beenden wollen, dann brauchen wir unbedingt einen anderen Begriff von Wohlstand. Dann wäre Wohlstand nicht mehr etwas, das mit Zahlen und Mengen, mit Geld zu definieren wäre, sonder etwas, das mit der Lebensqualität eines jeden von uns zu tun hat. Und die ist nicht in erster Linie abhängig von Dingen, sondern von Beziehungen zu unseren Mitmenschen. Vor Ort genauso wie in der Region, im ganzen Land, auf dem gesamten Kontinent, weltweit. Dann sind diese unglaublichen Mengen an CO², diese lächerlichen Staus auf Autobahnen und Stadtringen, diese Unmengen an Plastik und Fleisch kein Thema mehr, weil nicht nur unsere Mobilität viel intelligenter regional organisiert werden kann, sondern auch unsere Essgewohnheiten viel gesünder und moderater stattfinden würden. Weil alle diesen bescheidenen Wohlstand angstfrei und gesund genießen können, weil er nicht auf Kosten anderer und der Umwelt geht, weil kleine Mengen – clever verteilt – viel mehr Menschen zugute kommen würden als in einem auf unerbittlicher Konkurrenz fußenden Überlebenskampf aller gegen alle. Das wäre dann ein Wohlstand der wohl den Herausforderungen des 21. Jahrhunderts standhalten könnte.
Also lassen wir uns nicht länger von der üblen Chimäre eines Wohlstandwahns blenden, der uns tagtäglich nicht nur um ein glückliches Leben betrügt, sondern auch den Planeten nachhaltig ruiniert. Wir können unsere selbst gemachten Probleme auch selbst lösen. Wir müssen nur über unseren eigenen Schatten springen. Die derzeitige Krise ist der richtige Augenblick für die species homo sapiens, weise die wahrlich unweisen Zwängen unserer Wohlstandsgesellschaft endgültig zu verlachen und zu verlassen.
Europa muss sich völlig neu erfinden.
1945 – die große Kriegsallianz zerfällt: USA und UdSSR – bis dahin Partner im Krieg gegen die Achsenmächte – werden über Nacht zu bitter bösen Feinden, die alles daran setzen, ihre eigenen Interessensphären gegen die des anderen zu sichern – weltweit. Europa muss sich dieser neuen Situation beugen.
In den Schulen wird in den Geschichtsbüchern ein Weltbild eingeübt, das in Klassenarbeiten und Klausuren Jahr für Jahr abgefragt wird. Der Ost-West-Konflikt und die Angst vor einem Atomkrieg bestimmen die Sprache und das Bewusstsein der Nachkriegsgenerationen. Der Antikommunismus im Westen wird zur selbstverständlichen Denkgrundlage der nachwachsenden Jugend. Es gibt nur noch den guten, demokratischen Westen und den bösen, sozialistischen Osten.
1989 – ein Jahr voller Zufälle, die Folgen hatten, die man sich bis dahin auf der Welt beim besten Willen nicht vorstellen konnte: Die Mauer in Berlin, die DDR verschwinden gewissermaßen über Nacht. Der Ost-West-Konflikt zerbröselt zu einer „One-World-Vision“, die von der Wirtschaftsform des Westens nun global als alternativlos propagiert wird und zu verinnerlichen ist.
Die in den vierziger und fünfziger Jahren Geborenen müssen das für richtig Geglaubte nun an der Garderobe abgeben und sich in neue geistige Gewänder hüllen. Dabei gibt es einige Gewinner, aber auch viel zu viele Verlierer. Das Vertrauen in neue Denkangebote sinkt und sinkt.
Als Alternative zum politischen Bürger bietet sich nun der egoistische Konsument an als Geisteshaltung. Der Zusammenhalt in Europa, der notdürftig über die Angst vor dem ganz großen Krieg erzwungen worden war, zerfällt in eine individuelle Bereicherungs- und Unterhaltungseuphorie, die vordergründig aussieht wie eine Welt, in der alle sich ähnlich scheinen, sich aber alle vor dem anderen – zumindest materiell – unterscheiden sollen und wollen.
Im Lockdown entpuppt sich dann das ökonomische Spiel als Einsamkeitshölle, die nur mit viel Lärm und grellem Licht übertüncht war.
2022 – wieder müssen wertgeschätzte politische Grundsätze über Bord geworfen werden; aber statt nach vorne zu denken, holen sich nun die politischen Akteure verstaubte Bilder aus der Vergangenheit und glauben, die Nato, Aufrüstung und erhöhte Militärausgaben würden das aktuelle Problem, das man bis dato für unvorstellbar hielt, lösen helfen.
Dabei ist doch längst überdeutlich, dass die Bekämpfung der Klimakatastrophe keinen Aufschub mehr duldet – how dare you – doch sowohl die Pandemie, als auch der Überfall auf die Ukraine schaffen über Nacht eine völlig neue Prioritätenliste. Greta Thunbergs Kassandrarufe können so endlich in den Hintergrund gedrängt werden.
Die Fixierung der Bevölkerung auf wissenschaftliche Daten in Sachen Corona und die Bereitschaft, eigenes Denken und Handeln (Freiheitseinschränkungen eingeschlossen) dementsprechend zu ändern, stehen in bizarrem Kontrast zu der Verweigerung, die wissenschaftlichen Daten in Sachen Klimaschutz in eigene Verhaltensänderungen einzuspeisen. Selbst die Mobilitätskonzepte bleiben rückwärtsgewandt – zwar nun elektrisch gespeist, aber weiter auf einen weiter wachsenden Individualverkehr bezogen.
Summa: alle Denkmuster in der momentanen Situation bleiben im Hamsterrad der Konkurrenz, des Wachstums und des Egoismus befangen und werden die Katastrophenszenarien nur dramatisch global ausweiten.
Energie energisch zu sparen und nur noch regional und bedarfsdeckend zu produzieren – das wäre ein neuer nie dagewesener Zusammenhalt in Europa, der vielleicht doch noch die Abschaffung der species verhindern könnte.
Kriegsspiele auf der Konsole – meinetwegen – aber Kriegsspiele in der europäischen Wirklichkeit? Dafür bleibt uns einfach keine Zeit mehr. Warum lassen sich die Europäer denn da vor den Karren eines Mannes spannen, dessen Bilderwelt aus einem Jahrhundert stammen, das sich als unmenschlich erwiesen hat?
So sollten die Europäer nicht mithelfen, erneut einen Ost-West-Konflikt zu befeuern und auch nicht erneut den Amerikanern als Pufferzone zu dienen, sondern nachhaltig zu entschleunigen: Keine Lastwagen mehr, dafür die Schiene nutzen, öffentliche Mobilität radikal nach vorne bringen und endgültig auf fossile Brennstoffe ganz verzichten. Der Zusammenhalt, der darin wachsen würde – schließlich würden sich alle solidarisch und gerne einschränken – wäre die Morgenröte in die Rettung des Planeten. Die derzeitige Krise ist d i e Chance, es endlich mutig zu wagen!