06 Feb.

Europa – Meditation Nr. 485

Den Zocker mit seinem eigenen Spiel schlagen!

Medial gesehen ist es zwar eine gute Show, wenn jeden Tag für neue Überraschungen noch und noch gesorgt wird – – von denen die meisten allerdings schon am nächsten Tag wieder in der Versenkungen verschwinden – aber in der analogen Welt zählen eben nur Zahlen, die etwas bringen. Und da muss halt jeden Tag ein neuer Deal auf den Tisch des Hauses geknallt werden.

Übrigens – schon vergessen? – sein einziges Mantra lautet:

mit Geld kann man alles bekommen, was man will. Man muss nur wollen und dann einfach machen, Schlag auf Schlaf. Der beste Bluff ist immer noch: gleich der nächste, damit der Gegner gar nicht erst die Chance hat, sich über den alten zu beschweren oder ihn gar als Bluff zu entlarven.

Und weil Geld und eben deals damit sind Mantra ist, behandelt das goldfarbene Rumpelstilzchen auch internationale Verträge oder völkerrechtliche Verpflichtungen und Rechte wie Spielregeln beim Pokern: macht kann sich dran halten oder – wenn man schlau ist – auch nicht. Tarnen und Täuschen hat schon immer zum Erfolg verholfen. Man muss sich eben zu trauen. Und der Erfolg gibt einem ja auch recht!

Dann schau ich mir an, was die Filetstücke beim nächsten Deal sind und schon biete ich. Biete mehr, blöffe und schon bin ich der Gewinner. Ich bin einfach schneller.

Natürlich ist der kalte Zynismus dieses Zockers schwer zu ertragen. Aber er ist von Wählern mit einer Mehrheit in diese Rolle gewählt worden. Jetzt muss man eben für vier Jahre mit den Folgen leben. Und wenn man nur halbwegs so klug sein will, wie er es gerade täglich vorlebt – eine hektische Ein-Mann-Show – dann hilft nicht nur die transparente Solidarität der Betrogenen in seinen Luftblasen-Deals, die nicht bereit sind, dieses Spiel/Deal zu akzeptieren. Vordergründig und mittelfristig muss man ihm wohl auf seinem Niveau kontern – also auch blöffen und Deals anbieten – wohl wissend, dass es Eintagsfliegen sein werden – langfristig aber bedarf es eines langen Atems, gebührender Gelassenheit und ihm scheinbar Narrenfreiheit gönnen, damit er in seinem narzisstischen Rausch Fehler über Fehler macht, die ihn dann selbst zu Fall bringen werden.

Devise: Schadensbegrenzung, so viel wie möglich, unterhalb der sogenannten Deal-Schwelle am Bestehenden festhalten, abwarten und gute Miene zum bösen Spiel machen, bis sich der große Player selbst aus dem Spiel nimmt, weil er schließlich übertreibt und die Kontrolle über die eigene Deal-Strategie verliert.

Aber sich auch nur einen weiteren Tag über seine Spontan-Welt-Rettungs-Konzepte aufzuregen, ist absolute verschwendete Energie, die viel nötiger für die Schadensbegrenzung sein wird.Übrigens: der goldfarbene Trumpel hat überhaupt keine Visionen: er spielt nur damit wie mit den Chips beim Roulette: „Heute setzt ich auf Rot, morgen auf schwarz und dann alles auf eine Karte!“ Gewinnen werde ich sowie so:

Gaza à la Riviera“

Grönland our next state

Canada heim ins Deal-Land

Panama for the winner. And the winner is…

Europa to hell

I win any war anyway and any game at all

Stimmung, Kamelle, de Prinz kütt!

28 Jan.

Europa – Meditation Nr. 484

Selbstbetrugssaltos im Labyrinth der Sprache.

Am Beispiel der Erinnerung an den Krieg der Nato in Afghanistan.

Ein Lehrstück aus dem Alltag einer repräsentativen Demokratie: Der Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan: Treu an der Seite des schlimm getroffenen Verbündeten wollte man nicht nur Solidarität zeigen, sondern natürlich auch Kompetenz.

1. Das Parlament billigte in großer emphatischer Debatte den Einsatz. Menschen und Material wurde verschifft und per Luftfracht befördert. Ein großes Unternehmen, das nach innen Stolz und Stärke signalisieren sollte.

2. Ein langer Atem musste immer wieder eingefordert werden. Denn der Feind war ein heimtückischer und widerborstiger, wenn auch technologisch und strategisch weit unterlegen.

3. Wir, die medial jeweils auf dem neuesten Stand kommentierenden kritischen Begleiter des teuren Einsatzes, hatten bald die ersten Toten zu beklagen. Bald kamen auch schon die ersten traumatisierten Soldaten zurück. Aber man wollte keine Schwäche zeigen, man wollte das große Unternehmen nicht in Frage stellen. Schließlich sollte die „Truppe“ aus der Heimat nur positive Stimmen zu hören bekommen. Die Kritik wurde ins Feuilleton verlagert, bei den blasierten Akademikern, die sowieso keine Ahnung vom Alltag vor Ort hätten.

4. Mehr als zwanzig Jahre später legt nun die „Enquete-Kommission“ – bestehend aus zweiundzwanzig Parlamentariern – ihren Bericht vor, in dem die Erfolglosigkeit des Afghanistan-Projekts offen gelegt wird, die in der sensationellen Schlussfolgerung gipfelt: „In Zukunft solle man sich vor Einsatz-Entscheidung ein realistisches politisch-militärisches Lagebild machen und ein realistisches Konfliktverständnis zugrunde legen“. Ein wirklich beeindruckendes Fazit hat da die sicher sehr kompetente „Enquete-Kommission“ vorgelegt. Lange Sitzungen, heftige Debatten, umstrittene Zwischenpapiere und heiße Abstimmungen bilden den selbstverständlichen Hintergrund dieser markanten Expertise.

In einem Zeitungsartikel vom Tage (GA) heißt es dann lapidar: „Im Grunde wurde der Einsatz schon von Anfang an falsch konzipiert.“ Hört, hört!

Dabei ist das Fazit nichts weiter als eine peinliche Banalität, für die man nun wirklich nicht die „man- and-women-power“ wochenlanger Ausschuss-Sitzungen benötigt hätte. Denn dass man vor dem Start eines so schwergewichtigen Unterfangens wie dem Auslandseinsatz der BW sich ein angemessenes Bild von der Lage machen sollte, ist doch solch eine Selbstverständlichkeit, dass man sich als Steuer zahlender Mitbürger fragen muss: An wen haben wir da eigentlich unser Vertrauen delegiert?

Und wieder wird deutlich, wie sehr wir uns mit Hilfe von beeindruckenden Sprachpyramiden mutwillig die eigene Sicht verstellen, verbale potemkinsche Dörfer aufpoppen lassen – home-made, versteht sich – über die wir uns dann hinterher fürchterlich aufregen. Wie ein piepender Hamster im seinem laut quietschenden Laufrad. Much ado about nothing, könnte man in Anlehnung an William Shakespeare sagen. Wenn es nicht so traurig wäre: 66 Tote sind zu beklagen, sie können sich nicht mehr wehren gegen diese Wörterpappkameraden.

„Enquete-Kommission-realistisches politisch-militärisches Lagebild-zwölfköpfiges-Gremium-mehr-als zwanzig-Jahre…“

Haben wir uns denn eigentlich auch ein realistisches politisch-militärisches Lagebild von der Ukraine gemacht?

23 Jan.

Europa – Meditation Nr. 483

Endlich lösen die Europäer den gordischen Knoten!

Fast ist es wie nach einem heftigen Albtraum: Man schreckt überrascht hoch, der Angstschweiß auf der Stirn erinnert an die furchterregenden Bilder und Begebenheiten, aber das Bewusstsein des gerade erwachenden deutschen Europäers schaltet schnell um auf Normal-Modus, durchatmen und auf zu neuen Ufern – Flucht nach vorne sozusagen:

Nach 80 Jahren, die im Rückblick nun wie das peinliche Theaterstück eines Pubertierenden anmutet, erwacht endlich ein europäisches Selbstbewusstsein, das rückblickend die acht Jahrzehnten mit dem „Befreier“ und „Erlöser“ von übelstem Ungemach nun nicht mehr als selbstlose Rettungsaktion idealisiert, sondern als strategisches Konzept zur Stabilisierung der eigenen Macht gegenüber dem ideologischen und ökonomischen Gegner, Sowjetunion, ein Konzept, in dem die „Befreiten“ eine stets untergeordnete und weisungsgebundene Rolle zu spielen hatten, die sie – nach dem eigenen wüsten Irrweg – verständlicherweise als Junior-Partnerschaft schönredeten. Doch die Zugeständnisse aus heutiger Sicht waren fast alle erosionstypische: eigene kulturelle, philosophische und historische Wurzeln wurden nach und nach gekappt und aufgepfropft wurde von „hymnischen“ Tönen begleitet das gnadenlose Dollar-Konzept einer Wachstumsindustrie, die keine Alternativen duldet. Im gerade verabschiedeten Albtraum feierten die Kollateralschäden eben dieses Konzeptes eine Orgie nach der anderen, zuletzt mit Hilfe des social-media-sounds: das eigene Vokabular längst amerikanisiert, mehr zu verbrauchen als man braucht, Verträge nur so lange einzuhalten, wie sie einem nützen, Egoismus als Maß aller Dinge (der neue Präsident erscheint nun auch noch als Inkarnation all dieser Selbst-Entfremdungs-Euphorie – wie ein Zerrbild des eigenen Irrwegs).

Und was eröffnet uns der neue, erstmals ungetrübte Blick über den eigenen Tellerrand und auf den ehemaligen großen Bruder von Übersee?

Europa ist zwar ziemlich gefleddert nach diesen 80 Jahren, aber auch gleichzeitig erstmals „ready for take-of“.

So viele Völker, so viele Sprachen, so viele Religionen, so viele Kraftzentren – ökonomische, kulturelle, soziale, historische. Ein atemberaubendes Netzwerk der Vielfalt.

Angesichts der verfahrenen Kriegssituation in der Ukraine und im ehemaligen Palästina sollten die Europäer nun unbedingt an e i n e m Strang ziehen: helfen, die Streitenden auseinander zu bringen, den großen Bruder draußen vor lassen, Frieden als alternativlose Perspektive nachhaltig einfordern und Hilfe beim Wiederaufbau anbieten.

Eine neue Ära einläuten: Selbstständigkeit, Unabhängigkeit, neue Bündnisse.

Europa als begehbare, bunte Brücke zwischen Ost und West, ein offener Marktplatz der Meinungen, Güter und Konzepte.

Europa gleichzeitig als Vordenker und Betreiber einer ökologischen Wende, in die KI zwar massiv eingebaut ist, aber völlig unter Kontrolle der Betreiber in Europa – amerikanische Anbieter: nein, danke. Zu unseriös, zu biestig, zu sehr nur im Momentum sich tummelnd.

Die fast 500 Millionen Menschen in Europa: eine üppige Verwandtschaft, die um ihre eigenen Qualitäten weiß, weil sie sich auch auf ihre eigene Geschichte besinnt, die aber stolz und selbstbewusst der allzu langen transatlantischen Bevormundung Adieu sagt.