Europa – Fortsetzung der alten Geschichte # 100
Alles hängt mit Allem zusammen.
Es gibt auf diesem wunderbaren Planeten von Zeit zu Zeit Momente, die wie Knotenpunkte einer unendlichen Geschichte miteinander vernetzt bleiben und in manchen Menschen wohltuende Kräfte freisetzen, weil sie sich als Teil dieser großen Glückswelle fühlen und davon den Mitmenschen so viel wie möglich abgeben möchten.
So fühlt sich in diesem Augenblick auch Chandaraissa, die Hohepriesterin der großen Göttin. Sie hat das Gefühl zu schweben, als sie jetzt zum Tempel eilt. Und die Menschen, denen sie begegnet, grüßen sie ehrerbietig und beglückt. Freudvolle Schwingungen schweben hin und her, berühren Kinder, Alte und müde Fischer, die ihren mageren Fang auf einmal wie ein großes Geschenk ansehen und einfach nur glücklich lächeln. Was liegt da in der Luft?
„Europa, Europa!“ so ruft sie durch die kühlen Gänge des Tempels, „wo steckst du denn?“
Verblüfft schauen die jungen Priesterinnen aus ihren Zellen, als sie ihre Herrin im Gang rufen und vorbeihuschen sehen. Was ist mit ihr? Warum strahlt sie so? Da gibt es gleich genug zu erzählen. Wenn Chandaraissa so gut gelaunt ist, dann kommt das auch ihnen zu gute. Übermütiges Gekicher und prustendes Getuschel füllt die Luft im Anbau des Tempels. Als lade die Bienenkönigin ihr Volk zu einem überraschenden Empfang, so surrt es wieder einmal durch die Gänge.
Europa ist gerade in einem wohligen Tagtraum gefangen, als sie Chandaraissas Stimme hört. Hört sie es in ihrem Traum oder ist sie es wirklich? Als sie jetzt die Augen öffnet, sich im Dämmerschein ihrer Zelle von ihrem Lager erhebt, wird ihr klar, dass ihr Traum in die Wirklichkeit hinein verströmt. Denn da steht auch schon Chandaraissa in der Tür:
„Europa! Darf ich herein kommen?“
„Was für ein Frage, liebste Freundin!“ antwortet Europa und winkt sie zu sich herein. Sie umarmen sich fest und innig. Dann erzählt Chandaraissa von dem Sinneswandel der alten Ratsherren. Europa kann es gar nicht fassen. Aber es fällt ihr nicht schwer, die Botschaft zu deuten: Die große Göttin hat eben Großes mit ihnen vor und die fast schon vergessene Botschaft vom Glück breitet sich weiter unaufhaltsam aus. Die Hohepriesterin und Europa sind die Boten und durch die Verbindung mit dem Minos von Kreta wird der Auftrag der großen Göttin umso leichter zu erfüllen sein. Da können auch drei schwarze Raben nichts dran ändern, geht es Europa plötzlich durch den Kopf. Alles hängt eben mit allem zusammen. Und die Lebensfreude stärkt die Menschen in ihrem Wollen und Tun zu immer mehr Zuversicht und Freundlichkeit.