Europa – Fortsetzung der alten Geschichte # 109
Der Bote des Minos kündigt das Fest an.
„So einen Fang wie neulich würde uns jetzt sicher helfen oder?“ zischelt Thiala ihrem Mann ins Ohr, als sie auf dem Platz vor dem Palast auf den Boten des Minos warten.
„Sicher, Frau, sicher“ brummt Trasopas sauer. Ihm steckt die Geschichte mit dem vergifteten Fisch noch ziemlich in den Knochen. Noch so ein Geschenk, darauf kann er gut verzichten.
Jetzt tritt der Bote oben auf dem Mauerrundgang in die Nische mit den fünf Zinnen, hebt den Arm und wartet, dass das Reden unten endlich aufhört. Schließlich holt er tief Luft und beginnt so:
„Unser Herr, der Minos von Kreta, will zum Wohle der Insel und zu Ehren der großen Göttin zur Sonnenwende ein großes Fest veranstalten. Alle werden mit feiern dürfen. Die große Priesterin wird mit ihren jungen Priesterinnen einen Tanz aufführen und Archaikos selbst wird Europa zur Frau nehmen.“
Zwei Soldaten neben dem Boten trommeln sieben Mal auf ihre Trommeln, dann sind sie weg.
Ein großes Raunen und Gerede beginnt auf dem Platz, denn beide Neuigkeiten überraschen die meisten von ihnen. Tanz? Fest? Neue Frau? Was ist in ihn gefahren, den Minos? Und schon regnet es Gerüchte vom wolkenlosen Himmel.
„Europa? Ist das nicht die, die neulich dabei war, als die Katzen am Tempel verendeten?“
Thiala scheint ganz harmlos zu fragen, aber ihr Mann weiß nur zu gut, dass sie seine Antwort belauern wird auf jeden Zwischenton. So sagt Trasopas zuerst einmal gar nichts. Als habe er gar nicht ihre Frage gehört. Dann – in beiläufigem Ton – lässt er ein paar Worte fallen, so beiläufig wie möglich:
„Stimmt, ja, erinnere mich, oder…?“
„Du musst gar nicht so tun, als wenn du dich nicht erinnerst, dabei hast du doch damals fast die Sprache verloren, als sie vor uns stand.“
Trasopas weiß schon, was jetzt für Anschuldigungen kommen werden. So schüttelt er nur den Kopf, seufzt und verdreht die Augen. Thiala weiß auch sofort warum:
„Siehst du, vor Verlegenheit kriegst du ja gar keinen Ton mehr raus. Ich habe also recht, sie hat dir gefallen.“
Ihre Stimme geht gefährlich in die Höhe, Trasopas startet dennoch einen Versucht der Verteidigung:
„Die toten Katzen, die waren es, warum ich sprachlos war, damit du‘s weißt!“
Thiala bekommt einen hysterischen Lachanfall:
„Die Katzen, die Katzen. Oh, diese armen Katzen, oh!“
Trasopas gibt auf. Er ändert einfach das Thema:
„Endlich mal wieder ein Fest – nach dem Winter wird uns das sicher allen sehr gut tun oder?“