17 Okt

Europa – Fortsetzung der alten Geschichte # 146

Die Hohepriesterin weiß nun ihre Träume zu deuten. Blatt 2

Voller Erwartung sitzen sie da. Lauter junge Priesterinnen. Ihnen ist klar, dass sie jetzt Entscheidendes über ihre Zukunft erfahren werden.

Chandaraissa, die Hohepriesterin, hält inne. Bilder fließen durch sie hindurch. Weltbilder, die die große Göttin ihr im Traum geschenkt hatte. Und Europa, ihre neue Freundin, spielt darin ein herausragende Rolle.

„Ihr Lieben!“ so beginnt sie mit kraftvoller Stimme. Noch nie hat sie die Versammlung der jungen Priesterinnen so angesprochen.

„So wie die Sonne uns alle wärmt und erhält, so sollen auch wir mithelfen, die Erde zu behüten. Ihr seid auserwählt. Ihr werdet losgehen. Ihr werdet die Botschaft der großen Göttin vorleben. Und alles, was ihr seid und gelernt habt, an eure Kinder weitergeben.“

„Hat sie das gerade wirklich gesagt?“ flüstert atemlos Sarsa Belursa ins Ohr.

„Ja, hat sie, hat sie“, stottert Belursa zurück.

Aber auch alle anderen jungen Priesterinnen sind völlig sprachlos, aber auch glücklich. Denn sie haben ein Gelübde abgelegt. Das, was sie gerade hören, widerspricht dem völlig. Die Hohepriesterin sieht, was ihre Worte bewirken. Sie hebt beschwörend ihre Hände, atmet tief ein, bevor sie fortfährt:

„Die große Göttin will Versöhnung zwischen den Menschen. Zwischen allen Menschen. Dazu müssen wir uns verbinden untereinander. Leidenschaftlich. Nur so wird der Segen, den unsere große Göttin über uns allen aussendet, auch wirken. Nur so werden wir gemeinsam der Gewalt zwischen uns ein Ende setzen können. Nur so.“

Jetzt tritt aus dem Tempel Athanama, die Priesterin aus Sidon. Sie ist in ein langes, rotes Gewand gehüllt. Ihr langes Haar fällt darüber hin wie heiße, schwarze Lava. Langsam nähert sie sich Chandaraissa und Europa. Die beiden Frauen nehmen sie in ihre Mitte. Sie legen sich ihre Arme über die Schultern, wiegen ihre Körper hin und her. In der Stille dieses Augenblicks fliegen plötzlich die Elstern oben auf den rotweiß gestreiften Simsen los. Ihr Flattern wirkt wie ein Fanal. Erst leise, dann aber anschwellend beginnt ein Summen die Vorhalle zu durchfluten. Es geht allen durch und durch.

„Omana, omana, omana, omana.“

Und alle, die da jetzt summen und in einen jubilierenden Chor einstimmen, wissen, dass es ein Abschiedsgesang ist, dass sie zu Sendboten der großen Göttin erwählt sind. Aufbruch.

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