Leseprobe zum Roman – Die fast schon vergessene Botschaft vom Glück – Blatt # 78
Blatt # 78 Heimlicher Kriegsrat in der Villa Marcellina
Während in Lutetia längst beschlossen ist, die Villa Marcellina im kommenden Frühjahr von Pippin und seinen Mannen im Namen Christi zur Hölle zu schicken, kommen dort an dem Tag, an dem Bischof Arnulf Pippin ein Angebot macht, das dieser nicht ablehnen kann, drei Senatoren zusammen, um gemeinsam zu beraten, wie sie sich gegen zunehmende Willkür der Frankenkönige zur Wehr setzen könnten.
Julian hat für seinen Vater und die beiden Gäste in der Bibliothek ordentlich heizen lassen. Philippus, sein Lehrer, wollte eigentlich weiter mit ihm in Lukrez‘ De Rerum Natura lesen, aber den beiden war klar, dass dieses Treffen jetzt wichtiger war.
Da sitzen sie nun, die drei ehrwürdigen Herrn, eher ratlos und sehr besorgt. Die Ruhe im Lande ist lediglich dem Winter gezollt und nicht einem wirklichen Frieden zwischen den alten Eliten und den Emporkömmlingen aus Lutetia. Das ist ihnen völlig klar. Aber was können sie tun? Zu oft schon wurden Verträge gebrochen, zu oft schon Recht gebeugt. Marcellus legt gerade seine Sicht der Dinge dar:
„Freunde, Verlass ist nur noch unter uns dreien sicher. Die neuen Herren und ihre neuen Priester schauen verächtlich auf uns und unsere Villen und Ländereien. Unsere Götter scheinen uns zu zürnen, der alte Prokunsul in Arelatum wird uns keine Legionäre schicken.“
„Ist er nicht schon tot?“ fragt Barbinius Clarus in die Runde. Gajus Antoninus und Marcellus ziehen nur die Schultern hoch. Sie wissen es nicht. Warum sollen sie sich auch mit schlechten Nachrichten aus der Hauptstadt der Provinz beschäftigen? Wenn überhaupt, dann können sie sich nur noch selbst helfen. Und da die Ernte auf ihren Feldern im Herbst gut gewesen war und sie bestens verkaufen konnten – an Römer wie Franken – haben sich ihre Geldmittel unerwartet vermehrt.
„Wir sollten vielleicht unsere Sklaven im Bogenschießen unterrichten“, beginnt Marcellus. Seine beiden Gäste nicken – wenn auch erstaunt. Auch Julianus und Philippus, die stumm im Hintergrund des Lesesaals zuhören, sind überrascht. Für einen Augenblick träumt er davon, dass sie alle mit der Freiheit belohnt werden. Da meldet sich Gajus Antoninus zu Wort:
„Und geheime Waffenlager sollten wir umgehend einrichten und die Mauern erhöhen und verbreitern.“
„Da stimme ich dir zu, Gajus, aber dafür benötigen wir Jahre.“
„Und wie wäre es mit einer List?“ fragt Barbinius schmunzelnd.
Julianus horcht auf: Was könnte das für eine List sein? Verschwörerisch stecken die drei alten Senatoren die Köpfe zusammen, und ihr Gespräch, das sie nun ganz leise zu führen beginnen, sollte während des Winters noch große und überraschende Veränderungen ins Werk setzen.