Leseprobe # 5 Zu den Fabeln der kleinen Fee
Der Glastanz und die Glasmusik der kleinen Leute
Wie soll ich euch das nur alles erzählen? Es waren und sind unvergessliche Bilder und Momente, die der Mann-im-Mond uns schenkte – einfach so. Es sollte ja noch viel toller kommen. Wo soll ich anfangen? Als wenn ich träumte!
Nach der Erlösungsgeschichte – unsere Herzen hatten ganz arg gebubbert, am liebsten wären wir gleich losgezogen, die Entführer zur Rede zu stellen, wie sie so etwas Schlimmes nur machen konnten – hätten wir am liebsten gleich mal versuchen wollen, ob auf Gombrals Rücken vielleicht doch genug Platz sein könnten für die kleinen Leute und den Mann-im-Mond und uns, um sie wieder zur Erde zurückzubringen. Und was das denn für eine Idee sein könnte, die bei Platznot Abhilfe hätte schaffen können. So viele Fragen waren uns durch den Kopf gegangen.
Wir denken, das Essen ist vorüber, der Empfang in der hohen Halle des Manns-im-Mond vorbei. Und als ich mich gerade erheben will, um eine kleine Dankesrede zu halten, geht es erst richtig los. Aus dem Inneren, da, wo auch die glänzenden Teller hergekommen waren, wehen leise Töne, kleine Lichter und spiegelnde Glaskugeln auf uns zu. Der Mann-im-Mond sitzt lächelnd auf seinem Pyramidenthron und leitet behutsam und gestenreich die ankommende Luftprozession zu uns hin. Auch alle meine Freunde sind sprachlos. Das Essen, lauter Leibgerichte (woher wusste der Mann-im-Mond denn überhaupt, was jeder von uns am liebsten mochte?), hatte uns völlig begeistert, wieviel Zeit dabei verstrichen war, könnten wir auch heute nicht sagen, und wie die silbernen Teller wieder davongeglitten waren, haben wir auch nicht bemerkt, denn jetzt war ja der lange Gang aus der hohen Halle hinaus überreich angefüllt mit diesen herrlichen Melodien und diesem Glitzern der Kugeln und dem Erscheinen der kleinen Leute. Tebelchen mit halboffenem Mäulchen, Blinker blinzelnd, Sindalf auf seinem Hochsitz eher beunruhigt hin und her tippelnd, Alitot kann es gar nicht glauben, was er sieht, Weichzottel leckt ununterbrochen seine feuchte Nase und Mürnli starrt irgendetwas lautlos stammelnd in Richtung des Spektakels. Im Näherkommen erkennen wir nun auch das Licht- und Tontheater: Es sind gläserne Halbkugeln, unter denen die kleinen Leute wie auf einem unsichtbaren Boden langsam näher treten. Und an den Glasrändern mit einer Hand vorbeistreifend diese eigenartigen Töne erzeugen. Ihre Wuschelhaare scheinen elektrisch geladen zu sein, denn deren fast goldener Schimmer erhellt das blanke Kugelglas so wunderbar, dass scheinbar bewegliche Lichtfiguren auf dem Glas hinauf und hinunter zu klettern, zu rutschen, zu gleiten scheinen und wie durch unsichtbare Wattebäuschchen gedämpft tönt ihr Singsang an unsere Ohren. Mal leiser, mal etwas lauter und in so vertrauten Melodien, dass wir glauben eigenen Kinderlieder zuzuhören. Wir rühren uns nicht. Vielleicht verschwände das traumhafte Schauspiel ja sonst. Nach und nach landet eine Halbkugel nach der anderen vor unseren Sitzplätzen auf dem langen Tisch. Jetzt können wir auch so etwas wie durchsichtige Propeller über den Halbkugeln erkennen. Aber wo ist der Motor? Wir kommen aus dem Staunen einfach nicht mehr heraus. Die kleinen Leute lächeln uns an, ja, jeder von uns wird da angelacht, dass wir selber auch anfangen zu grinsen ohne es zu merken. Und dann – wie auf ein unsichtbares Zeichen hin – hören sie mit Singen auf. Es wird wieder ganz still im Saal.
Das ist mein Moment, geht es mir blitzartig durch den Kopf. Schnell erhebe ich mich. Meine Freunde schauen besorgt zu mir hin – was soll das denn jetzt, kleine Fee, scheinen ihre Blicke sagen zu wollen – der Mann-im-Mond nickt aufmuntern und die kleinen Leute hören einfach nicht auf zu strahlen.
„Lieber Mann-im-Mond, liebe Leute, meine Freunde und ich, wissen gar nicht, was wir sagen sollen zu soviel wunderbarer Gastfreundschaft, zu soviel Musik, zu solch einem reichhaltigen und schmackhaften Gastmahl.“
Die kleinen Leutchen unter den Halbkugeln winken gönnerisch ab, genauso wie der Mann-im-Mond auf seinem Pyramidenthron,
„Aber ich möchte euch nun bitten, mit uns allen hinaus zu gehen, um Gombral, unserem Dinofanten, zu berichten und ihn euch vorzustellen, unsere Dino-Rakete!“