25 Feb

Historischer Roman II – YRRLANTH – Leseprobe – Blatt 167

Julianus bestattet seinen Vater Marcellus.

Was für eine Ende! Julianus kann es immer noch nicht fassen. Er sieht sich immer noch neben dieser eitlen Lügnerin sitzen, sieht sie den Pokal zum Mund führen und erinnert sich auch genau an den Blick, wie sie seinen Vater beobachtete beim Trinken. Stolz. Siegesgewiss und auch voller Bosheit. Wie dumm ich doch wahr, hadert er jetzt mit sich selbst. Ich hätte es wissen müssen: Traue diesen Franken nicht! Und wieder gehen ihm die Bilder durch den Kopf, als diese Finsterlinge anrückten, um ihn festzunehmen. Und was für ein Wunder: Die fränkischen Leibeigenen seines neuen Lehens verteidigen ihn. Welche Götter hatten ihm da beigestanden? Er weiß es nicht.

Vor sich – auf dem Scheiterhaufen – sein Vater. Die Giftmischerin ist längst außerhalb der Villa in einer schnell gegrabenen Grube unter die Erde gebracht worden. Die Sklaven der Villa haben es voller Zorn für ihn erledigt. Schweigend stehen sie um den Scheiterhaufen herum. Tränenschwer, mit geneigten Häuptern.

Im Dämmerschein dieses unglückseligen Tages greift Julianus nun zur Fackel, die sein alter Lehrer, Philippus, für ihn bereit hält. Alle Arbeiter und Arbeiterinnen der Villa stehen in einem großen Kreis um ihren toten pater familiae herum. Sie wissen, was sie mit ihm alles verlieren, sie ahnen, dass die Zukunft nur düster für sie sein wird. Die Franken verachten die Römer. Nicht nur weil sie lesen und schreiben können, die Römer, nein, auch weil sie auf eine lange und stolze Geschichte zurückblicken können. Weil sie immer noch ihren alten Göttern opfern.

In weiße Laken gehüllt liegt er oben auf dem hohen Katafalk, der edle und gebildete Senator Marcellus. Tot. Vergiftet. Was für ein unwürdiges Ende für diesen weisen Mann. Philippus, der ja auch Marcellus Berater war in all den schwierigen Jahren, lässt seinen Tränen freien Lauf.

Die Flammen greifen gierig um sich, lodern flackernd auf. Julianus hebt nun beide Arme hoch und ruft lauf:

„Sol invictus, sol invictus! Wir dienen dir, wir opfern dir, wir flehen um deine Hilfe – lass diese ruchlose Tat nicht ungesühnt geschehen sein!“

Da heben auch alle anderen Trauernden ihre Arme, rufen gemeinsam Sol Invictus an – obwohl sie alle getaufte Christen sind, inzwischen. Verbeugen sich bis zum Boden, recken erneut ihre Arme und wiederholen in einem fort den Namen des römischen Gottes: Sol Invictus, sol invictus!

Und Julianus verspricht seinem Vater, ihn zu rächen.

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